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28/08/2011
Hello treue Leserschaft,
Viel viel ist passiert in den letzten Tagen und da wir bald in Mumbai und damit hoffentlich in Reichweite von Wifi sein werden hier ein paar Zeilen. Gerade sind wir in Maheshwar, einer kleinen Stadt mitten in Indien, einige Stunden weg von der nächsten wirklich größeren Stadt. Hier ausländische Touristen anzutreffen ist eine Ausnahme. Mehrmals am Tag müssen wir (naja sind wir ehrlich Maya) für Gruppenfotos posieren weil es einfach außergewöhnlich ist (blonde) Ausländer zu sehen, Hände schütteln ist eine stündliche Routine und berichten aus welchem Land wir kommen müssen wir sogar mehrmals stündlich. Außerdem hat man das Gefühl unter ständiger Beobachtung zu stehen: Gespräche verstummen, Handys werden zum Schnappschuss gezückt und der Bananenkauf an der Busstation wird genauestens analysiert. Zudem versuchen pupatäre Jungs im Alter von 15 bis 25 Jahren verzweifelt unsere Aufmerksamkeit (naja sind wie wieder einmal ehrlich Maya’s Aufmerksamkeit) zu bekommen.
Inder die mehr Englisch als nur die Grußformeln und “What is your country name?” können verwickeln meist mich zuerst in ein Gespräch / Quiz: What is your country name? – Wir sind aus Deutschland; Oh Deutschland, viel Geld – Ja viel Geld aber auch sehr teuer; Wie ist dein Name? – Oliver; Was hast du für eine Ausbildung? – Ich habe einen Master; Was ist deine Religion? – Ich bin katholisch; Gefällt dir Indien? – Ja sehr, vor allem die Leute und das Essen; In welcher Beziehung stehst du zu ihr? – Sie ist meine Frau (eine Notlüge); Wie heist Sie? – ‘Ich bin die Maya’; Maya, das ist ein indischer Name. Was hast du für eine Ausbildung?… Natürlich kann das alles mit der Zeit auch ganz schön anstrengend sein wenn viele mit einem sprechen wollen und man das Gefühl hat unter Dauerbeobachung zu stehen. Nichtsdestotrotz muss man sagen das die Inder äußerst freundlich sind, man wird viel Gegrüßt, man bekommt (meist kostenlose) Hilfe angeboten, ein Lächeln erwidert fast jeder und selbst im Bus bekommt man oft noch an Sitzplätze obwohl der Bus schon überfüllt ist. Anfangs hatten wir moralische Probleme diesen Touribonus anzunehmen. Warum sollen andere Einheimische keinen Platz bekommen oder ihn sogar für uns räumen. Oft beharren die Leute aber darauf und nachdem ich das Angebot einmal ausgeschlagen und für eine Stunde in einem komplett überfüllten Bus auf einer typischen indischen Schlaglochpiste gestanden habe, steht fest das wir diesen Touribonus öfters mal annehmen werden. Indern scheint das nicht so viel auszumachen.
Auch die Kids sind schon freundlich. Schon von weitem winken und rufen sie: “Hello!”, “Namaste!”. Dann aber folgt zugegebener Weise oft (in dieser Reihenfolge): “One Rupie!”, “One School Pen!”, “One Chocolate!” und dann (unser Favorit): “One Shampoo!”. Leider haben sie bei uns damit keinen Erfolg, wir halten uns an die Empfehlungen des Reiseführers Kindern nichts zu geben um sie nicht weiter zum Betteln zu erziehen. Die restlichen Flummies und Kugelschreiber wollen wir an einer weiteren Schule abgeben. Almosen geben wir grundsätzlich nur bettelnden Frauen bei denen man davon ausgehen muss, dass sie ihre Familie sonst nicht ernähren können oder Menschen die physisch nicht in der Lage sind zu Arbeiten um sich selbst zu versorgen.
Apropos versorgen. Einen Inder der auf einer unserer Strecken unter die Räder unseres Busses gekommen war musste ärztlich versorgt werden. Zum Glück hatte er sich keine starken Blessuren zugezogen, ein Krankenwagen ist trotzdem gekommen. Maya und ich waren extrem überrascht, dass nur 5 Minuten nach dem Unfall bereits der Krankenwagen zur Stelle war um sich um den Fahrradfahrer zu kümmern. Erst während der Fahrt zur Polizeistation, bei der der Unfall aufgegeben werden sollte und zu der offensichtlich der gesamte Bus mit ca. 20 Leuten nötig war, haben wir realisiert, dass das Krankenhaus keine 100 Meter vom Unfallort entfernt war. Das hat unsere positive Überraschung über die schnelle Versorgung dann doch wieder relativiert.
So, jetzt haben wir so viele indische Anekdoten rausgehauen, dass die Orte die wir gesehen haben ein wenig kurz kamen. Zusammenfassend:
– Die von der UNESCO als Weltkulturerbe deklarierten Tempel in Khajuraho mit ihren tausenden oft vom Kamasutra inspirierten Figuren waren faszinierend
– Das hoch gelegene und dadurch angenehm kühle Pachmarhi war leider gleichzeitig zu verregnet um wirklich was sehen zu können von der Natur in der Region
– Die bis zu 12.000 Jahre alten Felsmalereien in den Höhlen von Bhimbetka waren die komplizierte Anreise auf jeden Fall wert
– Mandu, welches auf einem Hochplateau liegt mit zahlreichen Schluchten und seinen langsam verfallenden antiken Moscheen und alten afghanischer Gebäuden gehört jetzt schon zu unseren Indien-Highlights
Hoffentlich können wir in Mumbai endlich auch ein paar Fotos hochladen.
Viele Grüße,
Maya & Olli
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04/08/2011
Hey Leute,
Wir sitzen gerade in einem ziemlich wackeligen Zug nach Udaipur, unserem ersten Ziel im so hoch gelobten indischen Bundesstaat Rajasthan. Draußen scheint die Sonne was wunderbar ist nach drei kompletten Regentagen in Mumbai, selbst wenn wir nur Zug fahren. Um die Sonne und die Landschaft zu genießen ist auch genug Zeit, wir mussten einen Bummelzug buchen der 11 Stunden braucht – für knappe 300 Kilometer. In den letzten Tagen hatten wir nicht allzu viel Glück mit unserem Reisen und dann aber auch wieder unglaubliches Glück im Unglück, was meist an der Hilfe der Inder lag. Trotz des nervigen Starrens haben wir uns zu großen Fans des indischen Volkes entwickelnd.
Angefangen hat unsere kleine Transportmittel-Pechsträhne mit unseren Zügen nach Ellora (historische in einen Steilhang gehauene Tempel die zum UNESCO Weltkulturerbe gehören). Unser Zug hatte zweieinhalb Stunden Verspätung, was an sich nicht allzu tragisch gewesen wäre. Leider kam jedoch der gleichnamige Zug in die entgegengesetzte Richtung pünktlich und damit fast zeitgleich mit unserem verspäteten Zug an. In voller Erleichterung, dass nun endlich der Zug da ist und wir unsere mehrstündige Reise antreten können, Fragen wir noch schnell den Zugangestellten nach dem Zugnamen, der uns diesen wiederum bestätigt, und steigen ein. Da wir an dem Tag bereits sehr früh aufgestanden waren und noch nicht so recht Lust auf das “What is your country name?”-Quiz hatten, haben wir uns schnell unsere MP3-Player angeschaltet und so die ersten drei Stunden der Fahrt verbracht. Zum Glück ist es einem unserer Mitfahrer trotzdem gelungen Maya zu fragen ob wir auch nach Bhopal wollten. Das hat uns dann sofort aufhorchen lassen, Bhopal war nämlich genau die entgegengesetzte Richtung unseres Reiseziels.
Müde und ärgerlich über uns selbst, dass wir den Zug nicht besser überprüft haben, mussten wir die nächste Station aussteigen. Da es unmöglich war unseren Anschlusszug nach Ellora zu erreichen, haben wir uns entschlossen direkt nach Mumbai zu fahren, unserem Ziel nach Ellora. Das ist aber leichter gesagt als getan. Die Züge in Indien sind oft schon Wochen vorher ausgebucht. Die einzige Möglichkeit ist es, mit dem General Class Ticket in die nächst höhere Klasse einzusteigen, eine Strafe zu zahlen und zu hoffen doch noch einen Platz zugewiesen zu bekommen. Im Zug hat sich aber herausgestellt, dass es solche Plätze erst in drei Stunden geben wird. Wohl etwas verloren wie wir dann in dem Zug gestanden haben, haben zwei Jungs die mit ihren Freunden unterwegs waren uns angeboten in ihrem Abteil zu sitzen. Sie haben also auf den sowieso schon engen Plätzen zwei Sitze freigerückt. Außerdem wurde uns Angeboten ihr Essen mit uns zu teilen und auch auf eines ihrer reservierten Betten zu verzichten. Zum Glück hatten wir aber nach den drei Stunden ein eigenes Bett, waren den Jungs aber mehr als dankbar, dass wir die drei Stunden nicht im komplett dreckigen Gang sitzen mussten.
Am frühen morgen in Mumbai angekommen wurden wir dann mit strahlendem Sonnenschein im historischen Bahnhof Mumbais empfangen. Um das schöne Wetter zu nutzen sind wir direkt in das Sightseeing eingestiegen und haben uns die historischen Stellen Mumais angesehen. Das war auch gut so, die kommenden drei Tage hat es komplett durchgeregnet. Gesehen haben wir unter anderem die Haji-Ali-Moschee, die im Meer gebaut und nur über einen Damm erreichbar ist, Ghandi’s ehemaliges Haus, welches mittlerweile ein interessantes Museum über sein Leben ist, das schöne Uni- und Gerichtsgebäude und Elephanta Island, mit den in Fels gehauenen Höhlentempeln. Grundsätzlich war zumindest das Zentrum von Mumbai deutlich ruhiger als wir es uns vorgestellt haben. Gegen Kolkata kam es uns fast entspannt vor. Außerdem sind wir (naja eher wieder Maya) am letzten Tag von einem Bollywood-Agenten angesprochen worden. Das wär es doch gewesen, wir beide in einem Bollywood-Schnultze-Film. Leider war der Agent aber ein bisschen zu spät, wir hatten unsere Abreise bereits für den Tag geplant.
Auf dieser Reise hatten wir dann auch das zweite mal etwas Pech. Die Sitze, die wir gebucht haben wurden auf die Warteliste gesetzt und diesmal gab es keine Möglichkeit auf andere freie Sitze. Verzweifelt haben wir uns nahe der Türe auf den Boden gesetzt und es uns auf unseren Rucksäcken so bequem wie möglich gemacht um hier von 21 bis 5 Uhr die Nacht zu verbringen. Natürlich ist so etwas auch ein bisschen die Traumvorstellung eines Backpackers: Die Zugtüre steht offen, der Wind weht einem um die Ohren und man hat ein unheimliches Freiheitsgefühl während man draußen die Landschaft an sich vorbeiziehen sieht. In der Realität aber regnet es durch die offene Zugtüre, der Wind trägt einem den penetranten Uringeruch der vier Toiletten in die Nase und das einzige Gefühl sind Schmerzen im Rücken die hervorstehende Holzleisten an der Zugwand verursachen. Nach einer anstrengenden Stunde kam uns aber wieder einmal die indische Hilfsbereitschaft zu Gute. Ein Mann hatte ein Zugticket übrig. So konnten wir voller Erleichterung doch noch halbwegs gut sitzen und auch einigermaßen gut schlafen.
So wieder mal zuviel geschrieben. Nächste Station ist Udaipur wo wir auf Maya’s Freundin Jule und ihren Freund Moritz treffen werden.
Viele Grüße,
Maya & Olli